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Gedenktafel erinnert an Ferdinand Lassalle

Am 10. September 1848 war Neuss Schauplatz einer Großkundgebung mit 10.000 Teilnehmern. Hauptredner war Ferdinand Lassalle, Gründer der Vorläuferorganisation der SPD. Daran erinnert jetzt eine Gedenktafel am Romaneum.
Gedenktafel erinnert an Ferdinand Lassalle

Das Revolutionsjahr 1848 spielt in der Geschichtsschreibung der Stadt Neuss bislang eine sehr kleine Rolle. Dabei fand damals auf den Neusser Rheinwiesen eine wichtige Veranstaltung statt. Neuss war sozusagen Etappenort zur Gründung der SPD. Am 10. September 1848 kamen über 10.000 Besucher zu einer großen Volksversammlung von Demokraten auf den städtischen Wiesen vor dem Hessentor. „Die Zahl ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass Neuss damals nur 9.000 Einwohner und keinen Bahnhof hatte“, sagt unser Mitglied Michael Hohlmann. 

Gedenktafel gestiftet

Wir wollen die Großkundgebung stärker in den Fokus rücken. Daher haben wir als SPD Neuss zusammen mit dem Forum Archiv und Geschichte eine Gedenktafel gestiftet. Die Tafel wurde in dieser Woche von Bürgermeister Reiner Breuer und Michael Hohlmann vor dem Romaneum enthüllt. Michael Hohlmann hatte die Idee für die Tafel und hat auch selber einen finanziellen Beitrag zur Stiftung der Tafel geleistet. 

Die Großkundgebung ist für uns als SPD auch deshalb interessant, weil die Hauptrede damals ein 23-jähriger Mann gehalten hat. Sein Name: Ferdinand Lassalle. Er entwickelte sich in der Folge zu einer zentralen Figur der ersten demokratischen Revolution in Deutschland. Später war er Maßgeblich an der Entstehung der sozialdemokratischen Partei beteiligt. 

Die Enthüllung der Gedenktafel wurde flankiert von einem Vortrag über Ferdinand Lassalle. Dazu hatte das Forum Archiv und Geschichte mit seinem Vorsitzenden Martin Flecken und Stadtarchivar Jens Metzdorf eingeladen. Der Vortrag von Historikerin Dr. Ragna Boden soll auch im Neusser Jahrbuch Novaesium dokumentiert werden. 

Der Text der Gedenktafel 

DIE REVOLUTION VON 1848 UND DIE VOLKSVERSAMMLUNG VOR NEUSS 

Die städtischen Wiesen vor dem ehemaligen Hessentor waren 1848 ein zentraler Schauplatz Revolution im Rheinland. Viele Tausend Menschen versammelten sich am 10. September 1848 zur ersten großen Zusammenkunft der Demokraten am linken Niederrhein. Nachmittags hörten sie Reden prominenter Vertreter der Demokratenvereine und Volksclubs wie Josef Herzfeld (Neuss), Ferdinand Lassalle (Düsseldorf) und Heinrich Bürgers (Köln) – letztere waren enge Bekannte von Karl Marx. Die Redner kritisierten das neue Bürgerwehrgesetz und vor allem Lassalle den Waffenstillstand zwischen Preußen und Dänemark. Die Demonstranten traten für die Einheit Deutschlands ein und riefen die zeitgleich tagende Frankfurter Nationalversammlung dazu auf, die Errungenschaften der Märzrevolution – die Regierung des Volkes – zu verteidigen. Im Anschluss zog die Menge durch die Stadt. Für Neusser Verhältnisse war die Kundgebung mit 5.000 bis 10.000 Menschen ein Großereignis, zählte die Stadt doch erst gut 9.000 Einwohner. Während im Polizeibericht von „Tumulten“ die Rede ist, sprach der Neusser Bürgermeister Adam Breuer von einer friedlichen Veranstaltung. 

Die bürgerlich-demokratische Revolution war ein europäisches Ereignis, das in Frankreich im Februar 1848 seinen Ausgang genommen hatte. Seitdem waren vor allem Baden, Sachsen, Berlin und das preußische Rheinland zunehmend politisiert worden. Die Menschen demonstrierten für demokratische Reformen in Militär und Justiz, Pressefreiheit, ein Parlament des Volkes, nationale Einheit und die Abschaffung der Monarchie. Der großen Versammlung in Neuss folgten im September 1848 weitere in Krefeld, Köln und auf der Rheinwiese bei Worringen. Neuss blieb ein revolutionärer Stützpunkt mit dem Versammlungsort beim Wirt Reiner Lucas, wo Ferdinand Lassalle am 21. November 1848 zum bewaffneten Kampf gegen die drohende Belagerung aufrief. Sein Aufruf verhallte, aber Lassalle trug die Rede eine Verhaftung ein. In Neuss folgten jedoch noch etliche Versammlungen. Am 10. Mai 1849 zogen 2.000 Demonstranten von Gladbach nach Neuss. Als zusätzliche Militärkräfte in die Stadt verlegt wurden, weil man einen Überfall auf das Zeughaus befürchtete, gaben die Marschierer auf. Der Neusser Demokrat Josef Herzfeld floh nach Amerika. 

Die Revolution von 1848/49 brachte noch keinen Durchbruch für die Demokratie, bereitete jedoch den Entwicklungen der kommenden Jahrzehnte den Weg: der Einheit Deutschlands und dem konstitutionellen Verfassungsstaat in Preußen. Auch Neuss hatte daran einen Anteil – nicht zuletzt mit der Versammlung auf der Wiese vor dem Hessentor. 

Mitschnitt der Veranstaltung vom 28. Oktober 2020 im Romaneum in Neuss

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