Paul von Hindenburg war kaiserlicher General und im Ersten Weltkrieg Chef der Obersten Heeresleitung. 1925 wurde er zum zweiten Reichspräsidenten gewählt. Am 30. Januar 1933 hatte Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Sozusagen als Dankeschön dafür, wurde Paul von Hindenburg am 5. April in der Sitzung des Stadtrates auf Antrag der NSDAP die Ehrenbürgerwürde der Stadt Neuss verliehen. „Hindenburg hat dazu beigetragen, die Demokratie in Deutschland zu zerstören und der Diktatur den Weg zu ebnen“, erklärt unser kulturpolitischer Sprecher Michael Ziege. Er habe dazu beigetragen, die Grundrechte aufzuheben und den Reichstag zu entmachten. Vor diesem Hintergrund sei es untragbar, Hindenburg weiterhin in der Liste der Ehrenbürger aufzuführen. Es ist schließlich die höchste Auszeichnung, die Neuss zu vergeben hat.
Bürgermeister Reiner Breuer will postume Aberkennung der Ehrenbürgerschaft
Ehrenbürgerschaften, die einmal ausgesprochen wurden, können formal nicht aberkannt werden. Sie enden in der Regel mit dem Tode des Geehrten. Dennoch ist es möglich und zulässig, Ehrenbürgerschaften von für unwürdig erkannten Personen im Nachhinein zumindest symbolisch abzuerkennen und aus der Ehrenliste zu streichen. „Eine solche Aberkennung unterstreicht den Willen der Stadt zur öffentlichen Aufarbeitung der NS-Zeit“, sagt Michael Ziege. So ist das auch bei Paul von Hindenburg, der in zahlreichen Städten Deutschlands, Ehrenbürger war. Viele Städte haben ihm daher die Ehrenbürgerschaft symbolisch postum entzogen. Das soll nun auch in Neuss durch einen Ratsbeschluss erfolgen.
Paul von Hindenburg war keine verdienstvolle Persönlichkeit
Paul von Hindenburg hat beispielsweise das Ermächtigungsgesetz unterzeichnet, das den Reichstag legal ausschaltete. Er hat den willkürlichen Verhaftungen politischer Gegner der Nationalsozialisten sowie der beginnenden Verfolgung jüdischer Bürgerinnen und Bürger tatenlos zugesehen. „Paul von Hindenburg ist in keinerlei Hinsicht eine verdienstvolle Persönlichkeit im Sinne unserer städtischen Satzung und auch kein historisches Vorbild“, so Michael Ziege.
Änderung der „Satzung über Ehrungen, Auszeichnungen und Preisverleihungen durch die Stadt Neuss“
Die Ernennung Hindenburgs zum Ehrenbürger der Stadt Neuss war ein Sonderfall. Denn diese Würdigung konnte weder mit direkten Beziehungen des Geehrten zur Stadt Neuss noch mit konkreten Wohltaten für die Kommune begründet werden. Damit sich das nicht wiederholt, wurde die „Satzung über Ehrungen, Auszeichnungen und Preisverleihungen durch die Stadt Neuss“ geändert. Darin ist nun klar geregelt: „Der Rat kann Persönlichkeiten, die sich um Neuss außerordentlich verdient gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verleihen. Abgestellt wird auf die Würdigung des gesamten Lebenswerkes.“ „Die Erinnerung an die Tatsache, dass Paul von Hindenburg auch hier bei uns zum Ehrenbürger ernannt wurde, muss für uns heute Mahnung sein, jede Form von Rassismus und politischen Radikalismus bereits in den Anfängen zu stoppen“, betont Michael Ziege.