Viele Städte in ganz Deutschland haben zuletzt gewarnt, dass sie zunehmend an die Grenze des Leistbaren bei der Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in ihren Städten stoßen. Den eigenen Anspruch, geflüchtete Menschen angemessen aufzunehmen und vor allem gut zu integrieren, können immer mehr Städte nicht mehr erfüllen. Bis einschließlich September wurden mehr als 230.000 Erstanträge auf Asyl in Deutschland gestellt, knapp 73 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum im Vorjahr.
Gemeinsames Maßnahmenpaket von Bund & Ländern
Deswegen haben die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten bei ihrem jüngsten Migrationsgipfel ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen. Ziel des Beschlusses ist es, die Migration nach Deutschland besser steuern zu können. Die Ergebnisse des Gipfels hatte Bundeskanzler Olaf Scholz gemeinsam mit dem CDU-Ministerpräsidenten Boris Rhein als Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz vorgestellt.
„Einerseits ist es richtig, dass die Unterbringung und Integration von Geflüchteten die Städte und Gemeinden vor immer größere Herausforderungen stellt“, erklärt unser SPD-Fraktionsvorsitzender Sascha Karbowiak. „Andererseits darf dabei das individuelle Schicksal der betroffenen Menschen niemals aus dem Blick geraten“, sagt unser Vorsitzender Heinrich Thiel. Daher werden die Beschlüsse auch bei uns in der SPD Neuss kontrovers diskutiert.
Schnellere Asylverfahren geplant
Insgesamt soll die Zahl der Menschen, die trotz irregulärer Migration in Deutschland bleiben können, deutlich gesenkt werden. Die geflüchteten Menschen, die einen anerkannten Schutzgrund haben, sollen bestmöglich in unser Land integriert werden. „Die Bürgerinnen und Bürger erwarten aber im Gegenzug auch dass diejenigen, die keinen Schutzanspruch haben und ausreisepflichtig sind, Deutschland auch wieder verlassen müssen“, erklärt Sascha Karbowiak. Daher sollen Asylverfahren für Menschen aus Ländern mit einer geringen Anerkennungsquote deutlich beschleunigt und nach maximal drei Monaten abgeschlossen werden. Außerdem sollen die Asylverfahren digitalisiert und weitestgehend automatisiert werden. In der EU wird darüber hinaus gerade mit Hochdruck an einer Reform des „Europäischen Asylsystems“ gearbeitet. Zukünftig soll jede Person an den Außengrenzen der EU überprüft und registriert werden. Und wer nur eine geringe Aussicht auf Schutz hat, soll bereits an der EU-Außengrenze innerhalb kurzer Zeit das Asylverfahren durchlaufen.
Bezahlkarten statt Bargeld
Anstelle von Bargeld sollen geflüchtete Menschen zukünftig nach dem Willen von Bund und Ländern Bezahlkarten erhalten. Damit sollen die Möglichkeiten eingeschränkt werden, Geld zurück in die Heimatländer zu überweisen, was mitunter als Anreiz zur Flucht nach Deutschland gesehen wird. Diese Maßnahme muss aus unserer Sicht im Nachgang gut überprüft werden. Schließlich lassen sich auch Sachleistungen in Bargeld umtauschen.
Bund und Länder werden jetzt gemeinsam bis Ende Januar 2024 ein gemeinsames Modell zur Einführung ausarbeiten. Außerdem sollen die Leistungen für geflüchtete Menschen neu geregelt werden. Leistungen in Höhe der regulären Sozialhilfe sollen zukünftig erst nach 36 und nicht nach 18 Monaten gezahlt werden. Zudem sollen Leistungen wie Essen in Unterkünften angerechnet werden.
Bestmögliche Integration vor Ort sicherstellen
„Anders als in vielen anderen Städten mussten wir in Neuss in diesem Jahr bislang keine Turnhallen für die Unterbringung von geflüchteten Menschen nutzen“, informiert Sascha Karbowiak. Die Turnhalle an der Gnadentaler Allee musste zwar zur Sicherheit vorbereitet werden, wurde jedoch nicht benötigt. Und wir versuchen vor Ort eine bestmögliche Integration der Menschen in unsere Stadtgesellschaft sicherzustellen. „Unser Bürgermeister Reiner Breuer hat die Integration in Neuss zur Chefsache erklärt und viele Maßnahmen auf den Weg gebracht“, erklärt Sascha Karbowiak.
So wurde im Rathaus ein eigenes Integrationsamt gegründet, ein neues Integrationskonzept erarbeitet und mit viel ehrenamtlichen Engagement der Stadtgesellschaft Hilfsangebote gegründet. So helfen beispielsweise ehrenamtliche Integrationslotsen mit viel Engagement bei Behördengängen oder Fragen. Und Vereine wie „Neuss hilft“ unterstützen insbesondere die aufgenommenen Menschen aus der Ukraine mit einem Kontakt-Café oder beim Erlernen der deutschen Sprache.
Schnellere Arbeitsaufnahme für Flüchtlinge geplant
Eine weitere wichtige Verbesserung: Geflüchtete Menschen sollen zukünftig deutlich schneller arbeiten dürfen. „Zukünftig sollen geflüchtete Menschen bereits nach sechs Monaten arbeiten dürfen – eine lange überfällige Verbesserung“, erklärt Sascha Karbowiak. Denn die gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsleben ist eine wesentliche Voraussetzung für gelingende Integration und ein würdevolles Leben in der neuen Heimat.