Wer Arbeitslosengeld bezieht, kann die Kosten für eine Wohnung und die Heizung nicht aus eigener Tasche leisten. Daher übernimmt der Staat diese Kosten. Den betroffenen Personen soll eine angemessene Wohnung zur Verfügung gestellt werden. Da die Mieten für normale Wohnungen je nach Stadt stark schwanken, legt jeder Kreis die zumutbaren Mieten selber fest. Übersteigt eine Wohnungsmiete diese Obergrenze, muss der Betroffene in eine günstigere Wohnung umziehen.
Mietzuschuss ist zu niedrig
Bisher lag die höchste zulässige Miete für einen Ein-Personen-Haushalt in Neuss bei 418,50 Euro. Festgelegt hat das der Rhein-Kreis Neuss unter Landrat Hans-Jürgen Petrauschke (CDU). Wir kritisieren diese Festlegung seit Jahren als viel zu gering. „Für die Beträge, die der Rhein-Kreis Neuss zur Verfügung stellt, findet man in Neuss kaum Wohnungen“, sagt unser Stadtverordneter Karlheinz Kullick. Als Vorsitzender des Sozialausschusses in Neuss setzt er sich seit vielen Jahren für Verbesserungen ein.
Keine passenden Wohnungen
Insbesondere für Bezieher von SGB II-Leistungen war die bisherige Regelung ein großes Problem. Denn die tatsächlichen Mieten in Neuss liegen über den sogenannten „Angemessenheitsgrenzen“ des Rhein-Kreises Neuss. Durch diese Ungerechtigkeit müssen viele Neusserinnen und Neusser sehr lange nach einer passenden Wohnung suchen oder eine viel zu hohe Miete zahlen. „Es ist doch kontraproduktiv, Arbeitslose erstmal auf Wohnungs- statt auf Jobsuche zu schicken“, sagt Kullick.
Urteil des Sozialgerichts
Nun hat uns das Sozialgericht Düsseldorf Recht gegeben. Eine Neusser Familie hatte gegen das Zahlenwerk geklagt. Das Urteil (Aktenzeichen S 29 AS 4533/17): Die Spanne, zwischen dem was der Kreis Neuss derzeit zahlt und dem, was das Gericht als notwendig erachtet, ist enorm. Für eine dreiköpfige Familie muss der Kreis demnach künftig 25 Prozent höhere Kosten übernehmen.
Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für den CDU-Landrat
„Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für den CDU-Landrat“, sagt unser Landrats-Kandidat Andreas Behncke. Der Kreis Neuss habe versucht, auf Kosten der Schwächsten zu sparen. „Ich bin froh, dass das Sozialgericht diese Ungerechtigkeit gerade gerückt hat“, so Behncke. Er stellt aber auch klar: Die SPD hätte dieses Urteil nicht gebraucht. „Wir haben das unsoziale Zahlenwerk seit Jahren kritisiert und im Kreistag dagegen gestimmt. Der Landrat, CDU und FDP haben das aber bewusst ignoriert.“
Auf dem Neusser Wohnungsmarkt hat dies zu absurden Situationen geführt. So erlaubt das Land NRW dem Neusser Bauverein, für öffentlich geförderte Wohnungen eine Kaltmiete von 6,20 Euro pro Quadratmeter zu verlangen. Doch das liegt über der Mietobergrenze des Kreises. In die gut 600 öffentlich geförderten Wohnungen, die der Bauverein derzeit plant oder in Bau hat, konnte also nie jemand einziehen, der Hartz IV bezieht. Schließlich kann der Bauverein nicht mit Verlust vermieten. Stattdessen die Baukosten zu senken, ist auch nicht mehr möglich.