In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden auch in Neuss die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger durch den nationalsozialistischen Terror verfolgt. Ihren traurigen Höhepunkt fanden die Pogrome in Neuss, als die Synagoge niedergebrannt wurde. Zur Erinnerung fand auch in diesem Jahr am 08.11.2019 eine Gedenkstunde am Mahnmal an der Promenadenstraße unweit des ehemaligen Standortes der Neusser Synagoge statt. Gemeinsam mit Schülerinnen des Gymnasiums Marienberg gestalteten Bürgermeister Reiner Breuer und Bert Römgens von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf die Gedenkstunde.
Bürgermeister Reiner Breuer: „Zivilcourage ist gefragt“
Der Bürgermeister verwies in seiner Rede unter anderem auf die rechtsextremistisch motivierten Attentate der jüngsten Vergangenheit in Kassel und Halle und richtete mahnende Worte an alle Besucher der Gedenkveranstaltung. „Vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle Erich Kästner zitiert, der einmal sagte, man dürfe nicht warten bis aus einem Schneeball eine Lawine wird. Den rollenden Schneeball müsse man zertreten, denn die Lawine sei nicht mehr aufzuhalten. Ein Jahr später muss ich gestehen: Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob aus dem Schneeball nicht bereits eine lebensgefährliche Lawine geworden ist. Aus diesem Grund dürfen wir nicht schweigen gegen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung, stattdessen ist Zivilcourage gefragt. Denn aus hetzerischen Worten werden heutzutage leider wieder Taten“, so der Bürgermeister.
Bert Römgens: „Jeder Einzelne ist gefordert“
In seiner Ansprache erinnerte Bert Römgens von der Jüdischen Gemeinde daran, dass jeder Einzelne gefordert sei, sich gegen Rassismus und Antisemitismus einzusetzen. „Wir haben als Gesellschaft nicht entschlossen genug Position gegen Antisemitismus und gegen Rassismus bezogen – das muss sich zukünftig ändern“, so Bert Römgens. „Damit wir irgendwann sagen können, ja – ich und wir haben unseren Job gemacht, unterstützen wir diese Generation und stehen gemeinsam gegen Antisemitismus, gegen Rassismus und gegen Ausgrenzung und erhoffen dadurch, dass das Geschehene des 9. November nie wieder vorkommen wird“, so Bert Römgens weiter.
Reinigung der 87 Stolpersteine
Als weiteres Zeichen zur Erinnerung an die Reichspogromnacht haben wir auf Initiative des SPD-Ortsvereins Neuss-Stadtmitte am 09. November alle 87 in Neuss verlegten „Stolpersteine“ gereinigt. So erinnern die vom Künstler Gunter Demnig verlegten Gedenksteine jetzt wieder gut lesbar vor allem an die Menschen jüdischen Glaubens, die in Neuss der NS-Gewaltherrschaft zum Opfer fielen. An der von Michael Hohlmann – stellvertretender Vorsitzender des SPD Ortsvereins Stadtmitte – organisierten Aktion nahmen Bürgerinnen und Bürger allen Alters teil. Sie wollten nach dem schrecklichen Attentat in Halle, bei dem im Oktober ein rechtsradikaler Antisemit versuchte, eine voll besetzte Synagoge in die Luft zu sprengen, ein persönliches Zeichen gegen Antisemitismus setzen. „Es stimmt mich zuversichtlich, dass sich so viele Neusserinnen und Neusser aufgemacht haben, um an die furchtbaren Taten zu erinnern. Gemeinsam stellen wir uns gegen Hass, Hetze und Gewalt“, sagt unser Fraktionsvorsitzender Arno Jansen.