Im Rahmen einer Feierstunde wurde heute die Neusser Synagoge in der Nordstadt mit dem feierlichen Einzug der Schriftrollen der Thora eingeweiht. „Das war heute ein geschichtsträchtiger Moment, auf den die jüdische Gemeinde in Neuss lange warten musste“, sagt unser Vorsitzender Sascha Karbowiak. Er hat heute bei der Einweihung der Synagoge im Namen der gesamten Neusser SPD gratuliert.
Langer Weg bis zum neuen Gemeindezentrum
Es hat lange 20 Jahre gedauert, bis das Gemeindezentrum mit Synagoge endlich fertiggestellt wurde. Seit 2001 gab es in Neuss Bemühungen, wieder eine eigenständige jüdische Gemeinde zu gründen. Denn durch jüdische Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion hatte sich die Zahl der hier lebenden Personen deutlich vergrößert. Als eine Art Zwischenlösung hat die jüdische Gemeinde in Neuss ihr vorläufiges Domizil in der Nordstadt erhalten. In dem Gebäude war früher eine katholische Kita untergebracht. Das Gemeindezentrum wurde nach dem im Jahre 2012 verstorbenen Alexander Bederov benannt. Er war Vorstandsmitglied der “Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Neuss” und hatte sich unermüdlich für die Gründung einer Jüdischen Gemeinde in Neuss eingesetzt.
Unterstützung von Bürgermeister und Kooperation
Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf hat das Gebäude 2007 mit finanzieller Unterstützung der Stadt Neuss gekauft. Alt-Bürgermeister Herbert Napp sowie Bürgermeister Reiner Breuer haben das Vorhaben zum Bau einer Synagoge unterstützt und vorangetrieben. Ergebnis davon war ein Kooperationsvertrag zwischen Stadt und Jüdischer Gemeinde, der im Jahr 2018 unterzeichnet wurde. Dieser legt die Förderung des jüdischen Lebens in Neuss fest.
Darin haben die Jüdische Gemeinde und die Stadt etwa verabredet, eine Städtepartnerschaft von Neuss mit einer Stadt in Israel zu gründen, sowie einen neuen jüdischen Friedhof anzulegen. Teil des Vertrages war aber auch der Ausbau des Alexaner-Bederov-Zentrums an der Leostraße zur Synagoge. Die Stadt Neuss bezuschusst den Bau mit 1,5 Millionen Euro.
SPD Neuss feiert mit jüdischer Gemeinde
Die rund 600 Gemeindemitglieder, die organisatorisch gesehen zur Jüdischen Gemeinde der benachbarten Landeshauptstadt Düsseldorf gehören, freuen sich jetzt auf einen großen Gemeindesaal, zwei kleinere Räume für Gruppen- und Beratungsangebote sowie zwei Küchen. Im Mittelpunkt des Gebäudes befindet sich die Synagoge. Der Gebetssaal bietet Platz für rund 80 Menschen.
„Wir feiern 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Wie passend, dass die Einweihung der neuen Synagoge in diesem besonderen Jahr stattfindet. Wir sind glücklich, dass es wieder einen religiösen Mittelpunkt für jüdisches Leben in Neuss gibt“, sagt unser Fraktionsvorsitzender Arno Jansen.
Ehemalige Synagoge in der Reichspogromnacht von 1938 in Brand gesteckt
Die nun eröffnete Synagoge ist nicht die erste Synagoge in Neuss. Auf der Promenadenstraße stand bis zu ihrer Zerstörung die Synagoge der jüdischen Gemeinde. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde sie von Neusser und Düsseldorfer SA-Männern verwüstet und in Brand gesteckt. Nach dem Pogrom wurden die jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner weiter ausgegrenzt. Mehr als 60 Juden verließen nach der Reichspogromnacht bis Kriegsbeginn ihre Stadt; die meisten emigrierten.
Die etwa 90 in Neuss verbliebenen Jüdinnen und Juden wurden 1941 in die besetzten Gebiete Osteuropas deportiert; nur zehn Juden blieben zunächst in Neuss zurück, aber auch diese wurden dann Mitte 1942 deportiert. Mehr als 200 jüdische Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Neuss wurden Opfer des Holocaust. An die Opfer erinnern heute der von Ulrich Rückriem gestaltete Gedenkstein gegenüber der ehemaligen Synagoge und zahlreiche Stolpersteine im Stadtgebiet.
„Die heute eingeweihte Synagoge setzt ein Zeichen für Vielfalt und das friedliche Zusammenleben mit religiösen Minderheiten“, sagt Bürgermeister Reiner Breuer. „Mit dem Ausbau des Gemeindezentrums zur Synagoge hat die Stadt Neuss also eine Stadtreparatur der besonderen Art geleistet“, so Reiner Breuer abschließend.