Wasserstoff als Energieträger ist ein großes Zukunftsthema für eine kohlenstoffarme oder sogar kohlenstofffreie Welt. Die Wasserstofftechnologie und insbesondere der sogenannte „grüne Wasserstoff“ spielen zukünftig aber auch eine große Rolle für Industrie und Wirtschaft. Die Stadt Neuss hat eine breit aufgestellte Wirtschaftsstruktur mit einem starken industriellen Kern. Vor allem energieintensive Unternehmen sind außerdem stak vom Kohleausstieg betroffen. „Die Chancen, die uns die Wasserstofftechnologie für eine zukunftsorientierte Wirtschaft bietet, wollen wir als SPD für Neuss ergreifen“, erklärt unser wirtschaftspolitischer Sprecher und Parteivorsitzender Henrich Thiel. Bereits 2021 haben wir daher gemeinsam mit den Grünen und UWG/Aktiv einen Antrag gestellt, um das Neusser Potenzial für Wasserstoff in Erfahrung zu bringen und weitere Schritte einzuleiten. Nun liegen die Ergebnisse einer ersten Wasserstoffpotenzialanalyse vor.
Viele Wasserstoffprojekte am Anfang
Im Vorfeld der Potenzialanalyse gab es bereits eine Online-Umfrage bei den Neusser Unternehmen. 85 Unternehmen haben teilgenommen und 37 davon befassen sich bereits mit Wasserstofftechnologien. Vor allem in den Bereichen Verkehr und Lagerei planen Neusser Unternehmen mit Wasserstoff zu arbeiten. Rund 72 Prozent der Wasserstoffprojekte befinden sich aber noch im Ideen-Stadium. Immerhin schon 15,1 Prozent der Projekte befinden sich bereits im Betrieb. Die restlichen genannten Projekte befinden sich in der Konzeptionierung oder Projektierung. Die meistgenannten Ziele, warum Unternehmen auf Wasserstoff umstellen wollen, sind Energiesicherheit, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit.
Den Neusser Hafen in den Fokus nehmen
Mit den Gewerbegebieten im Hafen, im Hammfeld, in Holzheim, an der Moselstraße und in Norf-Derikum zeigt sich Neuss als starker Industriestandort. Um eine funktionierende und effiziente Wasserstoffinfrastruktur zu etablieren, sollten wir uns als Stadt Neuss laut der Analyse auf ein Gewerbegebiet fokussieren. „Die Analyse empfiehlt den Neusser Hafen, weil hier alle Stufen der Wertschöpfung vertreten sind und die meisten Ideen zur Nutzung von Wasserstoff vorliegen“, erklärt Heinrich Thiel. Der geschätzte Bedarf liegt bei circa 500 Tonnen Wasserstoff im Jahr. Eine Grobkonzeptionierung sieht beispielsweise eine Wasserstofftankstelle vor, um die Umstellung des Fuhrparks auf Wasserstoffantrieb zu unterstützen. Auch potenzielle Standorte wurden bereits ins Auge gefasst. Im nächsten Schritt sollen Nachfrage und Standort im Austausch mit den Akteuren vor Ort konkretisiert werden.
Wasserstoffpipelines für Neuss
Die energetischen und stofflichen Wasserstoffbedarfe müssen allerdings auch bedient werden. Denkbar wäre die Versorgung per Pipeline. An drei Punkten ist das Hafengebiet an eine Erdgas-Fernleitung angeschlossen. Möglicherweise könnte die umgewidmet und für Wasserstoff genutzt werden. Ein Anschluss an das deutschlandweite Versorgungsnetz wird dauern, denn Neuss ist nicht direkt anschließbar. Geplant ist eine große Pipeline westlich an Neuss vorbei. Alternativ ist allerdings auch die lokale Erzeugung von Wasserstoff zu prüfen. Geplant ist schon die Inbetriebnahme eines Elektrolyseurs für 2028 in der Kläranlage Süd oder Ost. „Mit 100 bis 140 Tonnen Wasserstoff pro Jahr könnten die Stadtwerke allerdings nur einen Teilbedarf decken“, erklärt Heinrich Thiel.
Neusser Häfen sind bereit für Wasserstoff
Die Analyse zeigt: Das Potenzial für eine Neusser Wasserstoffinfrastruktur ist vorhanden. Und auch die Neuss-Düsseldorfer Häfen als Hafenbetreiber sind an der weiteren Entwicklung interessiert. Der entscheidende Faktor ist die Motivation der Akteure. Viele Aktivitäten stecken in den Kinderschuhen, manche Planungen, wie die der Stadtwerke Neuss, sind hingegen schon sehr konkret. Insbesondere zum Thema Wasserstofftankstelle wünschen sich die Akteure vor Ort eine Vertiefung durch weitere Arbeitskreise. „Es ist sehr erfreulich, dass die Neuss Düsseldorfer Häfen die Ergebnisse der Wasserstoffpotenzialanalyse in ihre Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie einfließen lassen wollen“, erklärt Heinrich Thiel abschließend.